Hoffmann
Seit vielen Jahren arbeiten wir an einer Publikation über die Hoffmann-Werke.
Mehr als 100 Ordner haben wir über die Geschichte der Lintorfer Fabrik archiviert...die große Aufgabe ist es nun, diese Informationen zu komprimieren...
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Hoffmann-Werke Lintorf
Vor 50 Jahren rollte die erste Vespa in Deutschland vom Band. Genau genommen am 14. März 1950.
Bis dahin hatte es in Deutschland keine Vespa Roller aus Italien gegeben, weil der Austausch von Industriegütern zwischen Deutschland und Italien verboten war.
Bekanntermaßen waren Italien und Deutschland Verliererländer des Zweiten Weltkrieges, und besonders Deutschland war den strengen Gesetzen der Alliierten unterworfen.
Der Vespa war in Italien ein wirtschaftlicher Erfolg vorausgegangen und die Piaggio-Werke suchten alternative Vertriebssysteme in Europa, um den verbotenen bilateralen Güterverkehr zu umgehen: Piaggio verkaufte daher die Lizenz für die Fertigung der Vespa in verschiedene europäische Länder.
Die Hoffmann-Werke aus Ratingen Lintorf bekamen die Fertigungs- und Vertriebserlaubnis für Deutschland, Douglas in Großbritannien und A.C.M.A. in Frankreich.
Hoffmann unterzeichnete den Lizenzvertrag am 9. August 1949.
Bis dahin war die Vespa in Deutschland noch recht unbekannt, man stufte dieses Fahrzeug als einen Kompromiss für Frauen ein, wenn sie Motorrad fahren wollen. Schon nach den ersten Präsentationen gefiel die Vespa den Prominenten und vor allem der gehobenen Klasse: Die Vespa war plötzlich ein Statussymbol.
Jedoch: Ärzte, Rechtsanwälte, Arbeiter, Frauen ... für die Vespa gab es keine typische Kategorie, sie wurde von allen gefahren.
So war es nicht überraschend, dass die Vespa im ersten Produktionsjahr bereits im Voraus schon verkauft war.
Ebenfalls war es daher nicht überraschend, dass nun auch die anderen etablierten deutschen Motorradhersteller auf den Roller aufmerksam geworden waren und selbst Roller auf den Markt brachten.
Aber auch der große italienische Konkurrent kam nach Deutschland: Die Lambretta wurde ebenfalls in Lizenz gebaut, und zwar von NSU.
Für die Vespa hatten die Hoffmann-Werke extra neue Hallen errichtet, mit Laufbändern und eigener Karosseriepresse, eine Lackierabteilung mit automatischen Einbrennöfen und alles, was Stand der modernen Fabrikationstechniken war.
Das zweistöckige Gebäude hatte eine Gesamtfläche von 7000 m⊃2;, begonnen wurde mit dem Bau im Oktober 1949, die gesamte Bauzeit betrug vier Monate.
Hoffmann war bis zur Produktion der Vespa durch die Herstellung von Fahrrädern, Kleinmotorrädern mit Fremdmotoren sowie Werkzeugen bekannt geworden.
1950, im ersten Vespa Jahr, wurde ein Vespa Werksteam zusammengestellt, welches die Hoffmann-Vespa bei der ADAC Deutschlandfahrt pilotierte. Berühmte Rennfahrer, wie Huschke von Hanstein, Friedel Schön oder Peter Max Müller gehörten der Mannschaft an. Die Vespa wurde später in Zuverlässigkeitsfahrten eingesetzt, sie gewann stets Goldmedaillen und Auszeichnungen. Werksrennfahrerinnen Ilse Thouret und ihre Töchter konnten zahlreiche Ehrungen auf Hoffmann Vespa entgegen nehmen. Neben den Auszeichnungen war die Verpflichtung dieser Motorsportidole ein gelungener Werbetrick und versprach erhöhte Medienpräsenz. Insgesamt muss man sagen, dass Hoffmann stets seine Produkte zu vermarkten wusste.
Spätestens mit der Produktion der Vespa setzte in Deutschland ein "Roller Boom" ein,
es gab eine große Rollervielfalt. Hoffmann musste nun auch sein Modell verbessern um, seine Käuferschaft nicht zu verlieren. Denn inzwischen waren leistungsstärkere, schnellere Roller auf den Markt gekommen: Besonders die Zündapp Bella mit 200ccm entwickelte sich zur starken Konkurrenz.
Der Hoffmann Roller besaß kaum Leistung im Gegensatz zu der Bella, der Kult und die Schönheit der Vespa reichte den Kunden nicht mehr aus.
1954 kam die Hoffmann-Königin auf den Markt, eine verbesserte Ausführung der Vespa. Vor allem war die Motorleistung verbessert wurden, die Pinneberger ILO Motoren-Werke hatten die PS-Zahl auf 5 erhöht. Hoffmann hatte in einem italienischen Vespa Werbeprospekt gelesen, dass die italienische Ausführung 5 PS an Leistung besitzt. Hoffmann besorgte sich neugierig solch einen Motor, denn der Hoffmann Vespa Motor, der ja auch in Lizenz detailgetreu von den ILO Werken für Hoffmann gebaut wurde, besaß weniger an Motorleistung.
Die Hoffmann-Werke hatten einen eigenen Motorenprüfstand von der Entwicklung des Gouverneur Motorrades. Auf diesem Prüfstand wurde der Vespa Motor getestet, und man fand heraus, dass die angegebene Motorleistung der Italiener zu hoch war.
Hoffmann persönlich schrieb einen Brief an die Piaggio Werke, sie antworteten, dass es das Recht der Piaggio-Werke sei, die Motorleistung nach ihren Vorstellungen nach oben abzurunden, wie sie wollen.
Hoffmann reagierte und ließ eine verbesserte Version seines Vespa Motors von den ILO Werken bauen.
Dieser verbesserte Motor wurde in das Modell 1954, die sogenannte Königin, eingebaut. Der Motor hatte nun echte 5 PS, und auch am Fahrwerk und an der Ausstattung der Vespa war einiges verändert worden.
Die Piaggio-Werke wollten dies nicht akzeptieren, sie erklärten diese Veränderungen als lizenzwidrig und kündigten den Hoffmann-Werken die Fertigungs- und Vertriebslizenz.
Die Hoffmann-Werke hatten im Jahr 1954 einen Vespa Verkaufseinbruch erlitten, es wurden viel weniger Roller verkauft als in den Vorjahren. Hoffmann begründete seine Absatzschwierigkeiten mit dem schlechten Wetter im Jahr 1954.
Es lag aber auch daran, dass, wie schon erwähnt, neue, modernere Roller auf den Markt waren.
Das Käuferpotenzial für Roller war erschöpft. Zudem war langsam auch die Zeit angebrochen, in der nicht mehr die Frage gestellt wurde: Motorrad oder Roller?
Ab 1954 kamen langsam die Kleinwagen auf den Markt und wurden populärer. Kleinwagen hatte es schon früher gegeben, aber ab Mitte der 50er Jahre wurden diese Fahrzeuge von Familien gekauft. Das Auto wurde erschwinglich.
Es kam wegen der Veränderungen der Hoffmann Vespa zu einem Prozess, Hoffmann hatte zum Schluss auch keine Lizenzgebühren mehr entrichtet. Ende 1954 hatten die Hoffmann-Werke insgesamt finanzielle Probleme, weil die Entwicklung des Boxermotors für das Gouverneur-Motorrad und der Autokabine viel Geld gekostet hatte.
Man fand einen Vergleich mit den Piaggio-Werken: Hoffmann durfte noch 1955 die Vespa verkaufen und vertreiben, danach verpflichteten sich die Hoffmann-Werke aber auf sämtliche Rechte zu verzichten. Hoffmann musste auch die Namensrechte abgeben.
Im Jahr 1955 kam dann eine veränderte Hoffmann Vespa auf den Markt, die Luxusausführung des Königinnenmodells war verschwunden und nur als Sonderzubehör erhältlich. Die Vespa 1955 war ein schlichtes Vespa Modell, dessen Preis im Vergleich zur Königin gesenkt wurde.
Die Lizenz der Vespa wurde von den Messerschmitt-Werken aus Augsburg übernommen.
Wichtigstes Unterscheidungsmerkmal zur Hoffmann Vespa war der neu entwickelte Motor der Messerschnitt Vespa, der nun 150ccm statt 125ccm besaß, das Sportmodell besaß sogar 8 PS.
Das Paradoxe an der Geschichte ist, dass Hoffmann seine Lizenz verloren hat, weil er die Motorleistung verbesserte.
Als erste Maßnahme nach Hoffmann wurde aber ebenfalls die Motorleistung verbessert ...
Mit dem Ende der Vespa 1955 folgte auch das Ende der Hoffmann-Werke in der Fahrzeugbranche.
Die Hoffmann-Werke waren finanziell ruiniert, ein großer Teil des Geländes wurde an einen Waschmaschinenhersteller verkauft, um teilweise die Schulden zu begleichen.
Insgesamt wurden in Lintorf ungefähr 50 000 Vespa Roller produziert.
Das Unternehmen war später in der Rüstungsindustrie tätig.
Das Thouret-Buch beinhaltet Hoffmann-Motorsportgeschichte.